metachromatische Leukodystrophie

Definition
Verlaufsformen
Symptome
Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus
Differentialdiagnose
Risikofaktoren
Komplikationen
Fragen
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metachromatische Leukodystrophie

Sogenannte Speichererkrankungen, zu denen auch die metachromatische Leukodystrophie zu rechnen ist, führen durch verminderten Abbau zur Anhäufung bestimmter Substanzen in Körperorganen, unter anderem im Nervensystem. Diese Ablagerungen nehmen bei fehlender Behandlung im Laufe des Lebens zu und führen so zu allmählich zunehmenden Funktionsstörungen. In den letzten Jahren gelingt es zunehmend, die den Erkrankungen zugrundeliegenden Stoffwechseldefekte und die genetischen Störungen zu analysieren, in Einzelfällen ergeben sich Therapieansätze.

Definition

Die metachromatische Leukodystrophie ist eine genetisch bedingte - erbliche - Stoffwechselerkrankung. Bei Vererbung der Veranlagung von beiden Elternteilen (autosomal rezessive Erkrankung) kommt es beim Betroffenen zu einer stark eingeschränkten Aktivität des Enzym Arylsulfatase A. Dies führt dazu, dass in zahlreichen Körperzellen, u.a. im Zentralnervensystem, "fetthaltige" Substanzen - Glykolipide vom Sulfatidtyp - abgelagert werden. Während viele Organe auf diese Ablagerungen unempfindlich reagieren, kommt es im Gehirn und im peripheren Nervensystem zu einem Abbau von Myelinscheiden (Isolationsschicht der Nervenfasern).
Die Myelinscheiden werden zur "wei0en Substanz" (griechisch: leukos) gerechnet, der Abbau der weißen Substanz wird als Leuko-Dystrophie bezeichnet. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich die Ablagerungen in den Zellen an ihrer "Fehl" (meta) - "Farbe" (chroma) erkennen; sie sind "metachromatisch".

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Verlaufsformen

Im wesentlichen lassen sich 4 Verlaufsformen abgrenzen:
  1. die schwerste, bereits bei der Geburt erkennbare (congenitale) Verlaufsform: die Betroffenen sterben innerhalb der ersten Stunden oder Tage.
  2. die kindliche (infantile) Verlaufsform, bei der ein Alter von 2-6 Jahren erreicht werden kann.
  3. die jugendliche (juvenile) Verlaufsform, die zwischen dem 4. und 19. Lebensjahr in Erscheinung tritt und ebenfalls innerhalb einiger Jahre zum Tode führt.
  4. die erwachsene (adulte) Verlaufsform mit Beginn nach dem 20. Lebensjahr.

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Symptome

Wie schon die Einteilung der unterschiedlichen Verlaufsformen nahe legt, sind Art und Ausprägung der Symptome ebenfalls sehr unterschiedlich.
  1. Von der congenitalen Form sind bislang nur wenige Fälle bekannt, die Diagnose wurde postmortal gestellt.
  2. Bei der infantilen Form tritt im 1-2 Lebensjahr eine zunehmende Schwäche und Ungeschicklichkeit (Ataxie) von Armen und Beinen in Erscheinung. Die Sprache wird undeutlich (Dysarthrie). Im Verlauf treten Schluck- und Atemstörungen sowie schmerzhafte Muskelverkrampfungen (Spasmen) hinzu. Außerdem kommt es zur zunehmenden Einschränkung der Seh- und Hörfähigkeit sowie zum Auftreten epileptischer Anfälle.
  3. Entsprechend dem späteren Beginn ist der Verlauf der juvenilen Verlaufsform weniger dramatisch: Häufig fallen zunächst Schulschwierigkeiten ("Tagträumen") sowie eine unspezifische Ungeschicklichkeit beim Gehen auf. Im weiteren Verlauf nehmen geistiger Abbau, Bewegungsstörungen, Sehstörungen zu, außerdem treten epileptische Anfälle auf.
  4. Sehr selten ist die adulte Verlaufsform, so dass die Diagnose häufig erst spät gestellt wird. Psychische Veränderungen und Leistungsschwäche führen zunächst zu Arbeitsplatzverlust, gelegentlich zu Alkoholismus. Allmählich, manchmal erst nach Jahren, wird ein intellektueller Abbau erkennbar, außerdem treten Bewegungsstörungen mit Dystonie, Spastik und Ataxie, eine Dysarthrie sowie der Verlust der Sehfähigkeit in Erscheinung.
    Sehr langsame Krankheitsverläufe der adulten Form von über 40 Jahren sind in der Literatur beschrieben.

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Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus

Im Krankenhaus kann anhand von Schnittbilduntersuchungen des Gehirns (Computertomographie (CCT), untersucht werden, ob auch eine andere Ursache der Beschwerden, wie zum Beispiel ein Gehirntumor oder - beim Erwachsenen - ein Schlaganfall in Frage kommt und ob die Untersuchung des Nervenwassers möglich ist. Typischer - und unspezifischer - Befund der Erkrankung ist eine Entmarkung.
Die Lumbalpunktion zeigt mit einer Eiweißerhöhung ebenfalls lediglich unspezifische Befunde. In frühen Stadien finden sich häufig bereits Veränderungen der evozierten Potentiale sowie der Nervenleitgeschwindigkeit.

Sichern lässt sich die Diagnose mit dem Nachweis der fehlenden oder verminderten Aktivität der Arylsulfatase A und B in Blutleukozyten, Fibroblasten, Urin, Speichel und Tränenflüssigkeit.

Ein erfolgversprechender Therapieansatz zur Heilung der Erkrankung existiert zur Zeit nicht. Bestimmte Versuche mit Vitamin A - armer Diät oder Knochenmarkstransplantation haben nicht zum Erfolg geführt.
Wichtig ist hingegen im Verlauf der Erkrankung die Behandlung der Krankheitssymptome (Schmerzen, Bewegungsstörungen, Schluckstörungen, psychische Veränderungen) mit Hilfe von Medikamenten aber auch neuropsychologischer und Beschäftigungs-Therapie.

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Differentialdiagnose

Wie bei der Schilderung der Symptome zu vermuten ist, stellen sich vor allem in den Anfangsstadien der Erkrankung differentialdiagnische Probleme. Bei Kindern ist anfangs die Abgrenzung einer Myopathie aber auch einer frühkindlichen Entwicklungsstörung notwendig.
Beim älteren Kind, Jugendlichen wie auch beim Erwachsenen finden sich in den länger dauernden Anfangsstadien derart unspezifische Symptome, daß das differentialdiagnostische Spektrum sehr weit ist. Aufgrund des eher langsamen Verlaufes kommen u.a. Gehirntumoren in Frage, seltener Entzündungen von Gehirn und Hirnhäuten oder Gefäßerkrankungen. Außerdem sind natürlich Erkrankungen aus dem psychiatrischen Formenkreis zu berücksichtigen.
Der Verdacht auf das Vorliegen einer Leukodystrophie ergibt sich oft bei der Durchführung der Schnittbilduntersuchungen des Gehirns wie Computertomographie (CCT) oder Kernspintomographie (MRT), in denen sich die Veränderungen der weißen Substanz meist gut dokumentieren lassen.

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Risikofaktoren

Bei einer autosomal rezessiv vererbten Erkrankung lässt sich das Risiko abschätzen:

  1. Man kann nur erkranken, wenn beide Eltern die Veranlagung zur Weitergabe der Erkrankung in sich tragen. Dies lässt sich heute mit genetischen und biochemischen Untersuchungen feststellen.
  2. Wenn diese Voraussetzung besteht, gilt für jedes Kind dieses Elternpaares ein Erkrankungsrisiko von 25%.
  3. Eine sog. pränatale Diagnostik ("im Mutterleib") ist heute möglich.

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Komplikation

Komplikationen ergeben sich aus der Art der Symptome: Im Vordergrund stehen Ernährungsschwierigkeiten mit der Gefahr, dass bei Schluckstörungen Nahrungsbestandteile in die Atemwege gelangen und zur Lungenentzündung führen. Um die Fähigkeiten der Erkrankten ausreichend lange aufrechtzuerhalten, ist eine frühzeitige Sicherung der Ernährungssituation mit Hilfe einer Magensonde zu diskutieren.

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Fragen

Für Ihre Fragen zum Thema Leukodystrophie senden Sie bitte eine E-Mail an  leukodystrophie@hydrocephalus.de

Bitte überprüfen Sie zunächst, ob sie bereits in der FAQ-Sammlung beantwortet worden sind.

Links zu weiteren Informationen 

  1. äußerst umfangreich, allerdings wohl mehr was für Fachleute - in englisch: die Omim-Homepage (= Online Database of Mendelian Inherited Disease in Man)

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