Schlaganfall
Unter der Bezeichnung Schlaganfall (engl.: Stroke)
sind unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst, gemeinsam ist ihnen
eine plötzlich einsetzende Funktionsstörung des Gehirns. Ursache ist entweder
ein verschlossenes oder ein geplatztes Blutgefäß. Im ersten Fall kommt es zu
einer Durchblutungsstörung eines Gehirnabschnitts, im anderen Fall handelt es sich
um eine Blutansammlung im oder direkt neben dem Gehirn.
Durch einen vorübergehenden deutlichen Blutdruckabfall, kann ein
Schlaganfall auch bei hochgradig verengten Blutgefäßen auftreten, ohne dass ein
Gefäßverschluss vorliegt.
Die Symptome sind vergleichbar: es kommt - meist plötzlich - zum Ausfall von Gehirnfunktionen wie z.B.:
Handelte es sich früher beim Schlaganfall um eine fast schicksalhaft verlaufende Erkrankung ohne die Möglichkeit, medizinisch viel tun zu können, so hat sich die Situation in den letzten Jahren deutlich verändert:
Der Schlaganfall stellt heute einen medizinischen Notfall dar, bei dem in vielen Fällen in den ersten Stunden erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeiten angewendet werden können.
Oft handelt es sich bei den ersten Symptomen auch um
Warnsymptome,
so dass durch rechtzeitige Untersuchung und Behandlung die Ausbildung eines
(schweren) Schlaganfalles verhindert werden kann.
Warnsymptome
Wenn auch der Begriff Schlaganfall den plötzlichen Beginn der Symptome widerspiegelt,
so kommt es ebenfalls nicht selten vor, dass sich ein Schlaganfall durch Vorzeichen
Stunden, Tage oder auch Wochen vorher ankündigt.
Bei folgenden Warnsymptomen sollten Sie umgehend Kontakt zu einem Arzt oder Notarzt aufnehmen oder eine Klinik aufsuchen: |
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plötzliches Erblinden oder Sehstörungen auf einem Auge |
Sehen von Doppelbildern |
(vorübergehende) halbseitige Lähmung oder Schwäche - (beim Schreiben fällt Ihnen beispielsweise ständig der Stift aus der Hand) |
plötzliche, meist halbseitige Gefühlsstörung (Bein und/oder Arm fühlen sich an wie eingeschlafen) |
(kurzzeitige) Sprachstörungen - (Worte fehlen, Silben werden vertauscht, die Sprache klingt wie betrunken) |
Drehschwindel oder Gangunsicherheit |
ein erstmalig und plötzlich auftretender, rasender Kopfschmerz |
Derartige Funktionsstörungen, die an einen Schlaganfall erinnern, aber innerhalb weniger Minuten bis 24 Stunden wieder verschwinden, sind die klassischen Vorboten des Schlaganfalles und werden als TIA (=transitorische ischämische Attacke, "vorübergehender Blutmangel") im Gehirn bezeichnet.
In Gespräch und Untersuchung können Arzt oder Notarzt entscheiden, ob eine
sofortige Aufnahme in ein Krankenhaus notwendig ist.
Untersuchung und Behandlung im Krankenhaus
Im Krankenhaus kann anhand von Schnittbilduntersuchungen des Gehirns (Computertomographie (CCT, rechtes Bild), Kernspintomographie (MRT, linkes Bild)) Ausmaß und Art des
Schlaganfalles festgestellt werden. Dabei kann eine Gehirnsblutung nach geplatztem Blutgefäß sofort, eine Durchblutungsstörung nach Stunden bis Tagen sicher erkannt werden.
Die weitaus meisten Schlaganfälle entstehen, ähnlich wie Herzinfarkte durch den Verschluß
eines Blutgefäßes durch ein Blutgerinnsel. Da lag es nahe, wie am Herzen mittlerweile bewährt,
auch am Gehirn zu versuchen, diesen Blutpfropf mit Medikamenten wieder auszulösen (=
Lyse - Therapie).
Dies ist, wie man vom Herzen weiß, innerhalb einiger Stunden nach dem Ereignis möglich.
Nachteil ist, dass die verwendeten Medikamente das Blut vorübergehend nahezu ungerinnbar machen.
Typische und gefährlichste Komplikation der Behandlung ist dementsprechend die Gehirnblutung
und andere Blutungen. Dies hat seit den ersten Versuchen einer derartigen Behandlung, die
nunmehr über 20 Jahre (!) zurückliegen, immer wieder dazu geführt, dass Studien abgebrochen
werden mussten, weil die behandelten (!) Patienten durch die Komplikationen viel schlechter
abschnitten als die unbehandelten. Dementsprechend galt Langezeit beim Schlaganfall
nichts tun
als die beste Therapie.
Ermutigend sind nun in den letzten Jahren Untersuchungen des amerikanischen National Institute
of Health (NINDS), die zeigen konnten, dass ein neues Medikament (rTPA) in einer bestimmten
Dosierung, injiziert wie eine normale Infusion (systemische Lyse) innerhalb der ersten
3 Stunden nach einem akuten Schlaganfall den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen konnte.
Leider ist es, auch im zweiten Anlauf 1998 nicht gelungen, dieselben Ergebnisse auch in einer
europäischen Untersuchung (ECASS II) zu wiederholen, so dass derzeit die unbefriedigende Situation
besteht: rTPA gilt in den USA als wirkungsvoll und ist zur Behandlung des akuten Schlaganfalles
zugelassen, in Europa nicht, d.h. jede derartige Behandlung in Europa hat experimentellen
Charakter und muss dementsprechend mit Patient und/oder Angehörigen abgesprochen werden, was im
Ernstfall einfach kostbare Zeit kostet.
Ähnlich ist die Lage für die sogenannte lokale Lyse. Hier wird zunächst innerhalb
einer Röntgenuntersuchung (Angiographie, DSA) das verschlossene
Gefäß dargestellt. Anschließend erfolgt durch den Katheter, der ja bereits in der direkten
Nachbarschaft des Gefäßverschlusses liegt, die Gabe von rTPA. Unter Röntgenkontrolle wird verfolgt,
ob sich das Gefäß wieder eröffnet.
Im Vergleich hat die systemische Lyse den Vorteil, dass sie schnell und einfach - d.h. ohne Angiographie -
durchzuführen ist. Die lokale Lyse kommt hingegen mit weniger gerinnungshemmendem rTPA aus, da
es direkt am Ort des Geschehens injiziert werden kann. Lediglich für die systemische Lyse ist,
bislang lediglich in der USA, eine Wirksamkeit nachgewiesen. Außerdem ist diese Therapie nur
innerhalb der ersten 1-3 Stunden nach dem Beginn der Symptome möglich.
Dennoch herrscht gewissermaßen Aufbruchstimmung bei der Behandlung des akuten Schlaganfalles,
mehr denn je besteht in der letzten Zeit die Hoffnung, dass die Prognose durch eine gezielte
Akutbehandlung verbessert werden kann.
Schlaganfalleinheit (Stroke-Unit) für die ersten Behandlungstage
Man ist sich mittlerweile einig, dass zur Verbesserung der Akutversorgung der Schlaganfallpatienten
ganz spezielle Schlaganfallstationen (Schlaganfalleinheiten - Stroke-Units) notwendig sind, die
derzeit in vielen medizinischen Zentren eingerichtet werden. Hier werden alle notwendigen
Untersuchungs- und Behandlungsmöglichkeiten rund um die Uhr zur Verfügung stehen.
Auch im Zentralkrankenhaus Bremen-Ost wird es ab 1999 eine derartige Station geben.
Unabhängig davon, ob eine Lysebehandlung durchgeführt wurde, sind die ersten Behandlungstage
für den Verlauf der Schlaganfallerkrankung entscheidend.
Zunächst müssen die Funktionen des Herzkreislaufsystems überwacht und ggf.
stabilisiert werden.
In intensiven Untersuchungen muss versucht werden, die für diesen speziellen Fall zutreffende
Ursache möglichst genau zu erkennen, um sofort einem weiteren
Schlaganfall vorzubeugen (Sekundärprophylaxe).
Bereits frühzeitig wird begonnen, durch Übungsbehandlung die als Folge des Schlaganfalles
eingetretenen Funktionsstörungen zu kompensieren (Früh-Rehabilitation).
Außerdem muss frühzeitig dass Auftreten von Komplikationen
erkannt werden.
weitere Behandlung
Nach wenigen Tagen oder Stunden in der Stroke Unit erfolgt die weitere Behandlung bei ausreichend stabilem Zustand in einer Früh-Rehabilitationsstation. Wenn der Zustand dies nicht zulässt, ist es oft erforderlich, zunächst eine konventionelle stationäre Behandlung, evt. auch vorübergehend auf einer Intensivstation durchzuführen. Die Behandlungsziele unterscheiden sich in dieser Zeit allerdings nicht von den oben genannten.
Komplikationen
In den ersten Tagen nach Auftreten eines (größeren) Schlaganfalles kann das untergegangene
Gehirngewebe stark anschwellen. Weil dadurch auch der Druck auf das umliegende,
noch ungeschädigte Gehirn groß werden kann, ist diese Situation oft
lebensgefährlich. In der letzten Zeit wurde versucht, für derart betroffene
Patienten die Überlebenschancen dadurch zu verbessern, dass mittels einer
Operation des Schädelknochens vorübergehend Platz geschaffen wird. Diese
Therapie befindet sich allerdings noch in einem experimentellen Stadium und
kommt bislang nur in besonderen Fällen zum Einsatz.
Früher oder später kann es nach einem Schlaganfall aufgrund der
Gehirnschädigung zu epileptischen Anfällen
kommen, die medikamentös zu behandeln sind.
Weitere Komplikationen lassen sich auf die mit dem Schlaganfall
einhergehenden Ausfallserscheinungen zurückführen, wie
Differentialdiagnose
Auch eine Kopfverletzung, sog. Schädelhirntrauma kann
zu Ausfallserscheinungen wie ein Schlaganfall führen. Meist lässt sich anhand
der näheren Umstände unterscheiden, was vorliegt, in Einzelfällen (Sturz auf den
Kopf mit anschließender Lähmung) in es mitunter unklar, ob die Lähmung zum Sturz
oder der Sturz zur Lähmung geführt hat.
Vor allem bei jüngeren Patienten muss auch an eine
Enzephalomyelitis disseminata gedacht werden.
Nach einem epileptischen Anfall können
Lähmungen wie bei einem Schlaganfall vorübergehend, z.T. über mehrere Stunden
anhaltend, auftreten.
Auch eine Gehirnentzündung (Enzephalitis)
kann sich durch Lähmungen, Sprachstörungen u.ä. manifestieren.
Selten kommt es sogar im akuten Migräneanfall zu neurologischen Ausfallserscheinungen.
der weitere Verlauf - Rehabilitation/Frührehabilitation
der Krankheitsverlauf
Auch wenn es nicht zum Auftreten typischer Komplikationen kommt,
hinterlässt ein Schlaganfall in den meisten Fällen Folgen.
Definitionsgemäß handelt es sich bei einem Schlaganfall um Untergang
von Gehirngewebe, d.h. der von diesem Teil des Gehirns versorgte Aufgabenbereich liegt zunächst
einmal brach. Dies äußert sich in den typischen Ausfallssymptomen.
Beobachtungen zeigen allerdings, dass sich in den allermeisten Fällen die anfängliche Symptomatik
innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen zurückbildet. Dies wird damit erklärt, dass
z.T.
dem Infarkt benachbartes Gehirngewebe nicht völlig zugrunde geht, sondern nur durch eine etwas
reduzierte Blutzufuhr oder erhöhten Druck vorübergehend in der Funktion beeinträchtigt wird.
Außerdem scheint das Gehirn in der Lage zu sein, z.T. die Aufgaben der untergegangenen
Bereiche mit zu übernehmen. Gerade dies wird durch möglichst frühzeitige qualifizierte
Rehabilitationsbehandlung gefördert.
Insgesamt kann sich also das Ausmaß der Ausfälle im Verlauf der Erkrankung deutlich
verringern. Dennoch bleibt in fast allen Fällen eine, wenn auch minimale Restsymptomatik zurück.
Diese kann in leichten Missempfindungen, in der Schwierigkeit ganz feine Bewegungen auszuführen
oder auch in - besonders bei Aufregung auftretenden - leichten Sprachstörungen, evt. auch
nur in einer leichten Gesichsasymmetrie bestehen.
Unabhängig davon können Konzentrationsstörungen oder eine verstärkte Neigung zu
Kopfschmerzen auftreten.
Rehabilitation/Frührehabilitation
Mindestens ebenso wichtig wie die Akutversorgung des Schlaganfalles ist die anschließende
Übungsbehandlung.
Bereits kurz nach der Aufnahme im Krankenhaus beginnt ein Rehabilitationsprogramm
mit speziell abgestimmter Pflege, krankengymnastischer Behandlung auf neurophysiologischer
Grundlage, Sprachtherapie (Logopädie) und Ergotherapie. So früh wie möglich erfolgt die
Verlegung in eine Abteilung für Frührehabilitation (schwer betroffene Patienten)
oder in eine für Rehabilitationsklinik.
Eine Abteilung für Frührehabilitation neurologisch-neurochirurgischer Patienten
existiert seit November 1998 auch im Zentralkrankenhaus Bremen Ost, Rehabilitationskliniken
finden sich in der Umgebung von Bremen, eine Abteilung zur Rehabilitation älterer Patienten -
geriatrische Rehabilitation
- wurde im Zentralkrankenhaus Bremen Ost 1996 eröffnet.
(Weitere Informationen und Links zur Rehabilitation)
Ursachen
Bei den Ursachen des Schlaganfalles ist zwischen verschlossenem und geplatztem
Blutgefäß zu unterscheiden. (Gefäßversorgung des Gehirns)
Mit ca. 80% der Fälle beruht der Schlaganfall am häufigsten auf einem Gefäßverschluss
mit nachfolgendem Blutmangel, einer sog. Ischämie. Im
Laufe der letzten Jahre konnten unterschiedliche Mechanismen dargestellt werden,
die zum Verschluss eines Blutgefäßes beitragen.
In den verbleibenden ca. 20% der Fälle ist nicht ein verschlossenes, sondern ein geplatztes Blutgefäß die Ursache. Dies führt zu einer plötzlichen Blutansammlung im oder neben dem Gehirn, einer sog. Gehirnblutung. Sowohl die Symptome wie auch die Ursachen, die zu den vorausgehenden Gefäßveränderungen führen, sind sehr ähnlich denen die zu einem Gefäßverschluss führen, wobei bei der Gehirnblutung der Bluthochdruck zu den führenden Ursachen zählt.
Vorbeugung/Langzeitbehandlung: Risikofaktoren mindern
Spätestens im Anschluss an einen Schlaganfall, besser jedoch im Rahmen vorbeugender
Maßnahmen ist es sinnvoll, die für sich selbst zutreffenden Risikofaktoren zu kennen und,
soweit möglich, zu bekämpfen.
Risikofaktoren, die das Auftreten eines Schlaganfalles begünstigen: |
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Bluthochdruck |
Rauchen |
Übergewicht |
Bewegungsmangel |
Zuckerkrankheit |
Fettstoffwechselstörungen (Cholesterin) |
Herzrhythmusstörungen |
vorbeugende Behandlung - Primärprophylaxe
Während die Beeinflussung der Faktoren 2-4 jedem selbst möglich ist,
sind Blutuntersuchungen sowie EKG und Blutdruckmessung im Rahmen der allgemeinen
Vorsorgeuntersuchungen empfehlenswert.
Spätestens nach dem Auftreten von Warnsymptomen
sollten sie durchgeführt werden, wie auch eine Ultraschalluntersuchung der Halsschlagadern -
Dopplersonographie - mit deren Hilfe sich
Verengungen der Blutgefäße frühzeitig und risikolos darstellen lassen.
Die vorbeugende Behandlung zielt zunächst auf eine weitgehende Ausschaltung der
Risikofaktoren. Neben entsprechender Lebensführung sollten Herz-Kreislauferkrankungen
behandelt werden, manchmal ist es unumgänglich, mit Hilfe bestimmter Medikamente, z.B.
Aspirin, die Blutgerinnung dauerhaft herabzusetzen. Während über die exakte Dosis international
wieder mal verschiedene Ansichten bestehen, kann generell der vorbeugende Effekt dieser
Maßnahme als nachgewiesen angesehen werden.
Umstrittener sind die operativen Maßnahmen, die bei hochgradig verengten Halsschlagadern
durchgeführt werden. Hier muss sehr sorgfältig das Risiko einer Operation gegenüber dem
Spontanverlauf abgewogen werden.
Falls bei einer Person, die niemals Schlaganfallsymptome verspürt
hat, per Zufall eine Gefäßverengung nachgewiesen wird, gilt eine besondere Zurückhaltung.
Erst nach gründlicher Beratung durch den behandelnden Neurologen kommt ggf. eine Operation
in Frage, und auch dies nur in einem Zentrum mit nachgewiesen guter Operationsstatistik.
(Sonst ist das Risiko, durch die Operation einen Schlaganfall zu erleiden,
möglicherweise höher als ohne Operation.)
vorbeugende Behandlung nach dem ersten Schlaganfall - Sekundärprophylaxe
Wenn es bereits zum Schlaganfall gekommen ist, beginnt die Vorbeugung vor dem nächsten
Schlaganfall bereits im Moment der stationären Aufnahme. Nach Ende einer evt.
Akutbehandlung beginnt wie bei der Primärprophylaxe die Suche nach Risikofaktoren. Meistens
wird man als unspezifische Vorbeugung bereits während der stationären Behandlung eine
Hemmung der Blutgerinnung, z.B. mit Heparin durchführen.
Am Ende der Untersuchungen unterscheiden sich die Maßnahmen nicht wesentlich von denen der
Primärprophylaxe.
Ihre Fragen zum Thema Schlaganfall senden Sie bitte per E-Mail an schlaganfall@hydrocephalus.de
Bitte überprüfen Sie zunächst, ob sie bereits in der
FAQ-Sammlung beantwortet worden sind.
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