TEIL II: PATHOLOGIE
KRANKHEITEN DES GEHIRNS
extrapyrmidale Erkrankungen

 

INHALT

Parkinson-Syndrom
Definition Untergang von Zellen im Bereich der Substantia nigra mit typischem extrapyramidalem Beschwerdebild
Ursachen Ursache des Zelluntergangs unklar, genetische Faktoren werden diskutiert
Klinik Rigor: langsam zunehmende Steifigkeit der Bewegungen von Hals-, Nacken und Extremitäten mit erhöhtem Muskeltonus und passiv fühlbarem wächsernem Widerstand bei Bewegung
Akinese: Verlangsamung der spontanen automatischen Mitbewegungen (Pendeln der Arme), generelle Bewegungsverarmung bis hin zur vollständigen Bewegungsunfähigkeit, dabei auch Hypomimie: Verminderung der Mimik (Maskengesicht) mit monotoner Sprache. Zum Teil lässt sich die Akinese durch sehr geringfügige Hilfestellung (z.B. berühren/führen des Patienten mit einem Finger) oder durch Tricks (zählen, rhythmische Muster auf dem Fußboden) überwinden, so dass gelegentlich bei Umstehenden der Eindruck entsteht, der Patient stelle sich nur an.
Tremor: Vor allem in Ruhe auftretendes langsames Zittern (Schütteln) 5-6/sec. der Extremitäten, z.T. mit typischer Pillendreherbewegung der Finger. Bei Zielbewegungen häufig deutliche Abnahme des Tremors
Hypersalivation: vermehrte Sekretion der Talgdrüsen v.a. des Gesichtes (Salbengesicht)
Propulsion: Verstärkte Kyphosierung (vornüberbeugen) des Rumpfes mit der Tendenz vorne überzufallen
Kleinschrittigkeit des Ganges: oft zunehmend kürzer werdende Schrittlänge mit zunehmender Geschwindigkeit bei Kleben bleiben der Füße am Boden, vermehrte Wendeschritte, (Schlurfen, Trippeln)
Mikrographie: Kleinerwerden der Schrift
schmerzhafte Verkrampfungen der Extremitäten, Obstipation
Befunde Oftmals Bildgebung, Labor, EEG normal
Differential-
Diagnose
symptomatische Schädigung des extrapyramidalen Systems durch ischämische Insulte, Stoffwechselstörungen (Wilson-Erkankung), oder Vergiftungen, selten Gehirntumoren
sogenannte Multisystematrophien (MSA): Progressive Blickparese, Parkinson-Demenz-Komplex, Shy-Drager-Syndrom, sog. OPCA
Creutzfeld-Jacob-Erkrankung, Westphal-Variante der Chorea Huntington
Verlauf und
Therapie
durch medikamentöse Behandlung mit L-DOPA und DOPA-Agonisten, MAO-B-Hemmern, seltener auch Anticholinergica ist oft über Jahre ein nahezu beschwerdefreier Verlauf möglich.
Bei zunehmendem Untergang von Zellen in der Substantia nigra wird die medikamentöse Behandlung schwieriger. Von großer Bedeutung ist die krankengymnastische Therapie
Komplikationen/
Therapie
unvermittelt können akinetische Krisen (Phasen völliger Bewegungsunfähigkeit mit Muskelschädigung, Fieber und Kreislaufsymptomen auftreten.
Unabhängig davon ist das extreme Fluktuieren der Beweglichkeit mit dem abrupten Wechsel von plötzlichem Einfrieren (Freezing) und überschießendem Bewegungsdrang (Hyperkinesen), der sogenannte On-Off-Effekt, der teilweise in Abhängigkeit von der Medikamenteneinnahme, teilweise scheinbar unabhängig davon auftritt.

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Chorea Huntington
Definition autosomal dominant vererbte degenerative Erkrankung kleiner Neurone im Nucleus caudatus und Putamen, z.T. auch im Cortex
Ursachen chromosomale Störung (unsinnige Verlängerung von kleinen Bausteinen der Erbsubstanz DNA)
Klinik in unterschiedlichem zeitlichem Ablauf treten neurologische und psychiatrische Symptome auf
neurologisch: (meist zunächst als allgemeine Unruhe fehlinterpretierte) einschießende, ausfahrende Bewegungen der Extremitäten, Grimassieren, ausgeprägte Muskelhypotonie, im Verlauf auch Schluckstörungen
psychiatrisch: vielfältige Symptome in Form von paranoiden Psychosen, Halluzinationen, ausgeprägten Affekt- und Antriebsstörungen, letztlich fortschreitend unter dem Bild einer Demenz 
selten, (häufiger bei früher Manifestation) Westphalvariante: Bewegungsverarmung wie beim Parkinson-Syndrom (Therapie siehe dort)
Befunde außer den typischen (choreatiformen) Bewegungen ist der neurologische Befund bei lebhaften Reflexen und Muskelhypotonie oft lange normal. Gelegentlich fällt ein Verlangsamung schneller Augenbewegungen (Sakkaden) auf
CCT, MRT: häufig Zeichen einer Atrophie des Nucleus caudatus
häufig Veränderungen der sensibel evozierten Potentiale (SSEP), gelegentlich auch des EEGs
genetische Untersuchung: Defekt beweist die Diagnose, auch bei klinisch noch nicht betroffenen Angehörigen
Differential-
Diagnose
Gehirnerkrankungen bei Stoffwechselstörungen (M. Wilson), symptomatische Formen bei ischämischen Insulten, oder Vergiftungen, selten bei Gehirntumoren Nebenwirkung zahlreicher Medikamente
Verlauf und
Therapie
bislang steht eine kausale Therapie leider nicht zur Verfügung, symptomatische Behandlung mit antidopaminerg wirkenden Substanzen (Neuroleptika), die gelegentlich auch die psychiatrischen Symptome positiv beeinflussen. Die Westphalvariante wird wie ein Parkinson-Syndrom behandelt
Komplikationen/
Therapie
unter dem Fortschreiten der Erkrankung treten Ernährungsstörungen (hoher Energiebedarf, Schluckstörungen) in den Vordergrund mit Abmagerung, Austrocknung und Lungenentzündungen infolge Verschluckens

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